16. Jahreskongress zur politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern in Wismar

| Wismar

Die Zukunft der parlamentarischen Demokratie

Die Demokratie in Deutschland steht unter Druck. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf aktuelle Stimmungslagen und Wahlergebnisse, sondern auch strukturell: sinkende Mitgliederzahlen von Parteien als Rückgrat der parlamentarischen Demokratie oder ein messbarer Rückgang des Vertrauens in demokratische Institutionen haben seit einigen Jahren in Wissenschaft und Öffentlichkeit zu einer Diskussion darüber geführt, ob die repräsentative Demokratie durch neue Formen der Bürgerbeteiligung ergänzt werden sollte. Dabei werden neben direktdemokratischen Verfahren insbesondere Bürgerräte favorisiert und auch schon praktisch erprobt. Diese neuen Formen der politischen Beteiligung und ihre Bedeutung für die politische Bildungsarbeit wurden beim diesjährigen Jahreskongress zur politischen Bildung mit etwa 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Wismar diskutiert.

Ministerin Bettina Martin: „Demokratie lebt von der aktiven Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Aus den erschreckenden Ergebnissen der Landtagswahlen vom vergangenen Wochenende ist auch die Lehre zu ziehen, dass die Menschen stärker in Diskussions- und Entscheidungsprozesse einbezogen werden wollen. Dafür braucht es den direkten Dialog mit den Wählerinnen und Wählern und Formate, die die politische Beteiligung stärken. Die Landesregierung beispielsweise geht mit dem Diskussionsformat „Landesregierung vor Ort“ regelmäßig mit Gesprächsangeboten vor Ort. Aber auch der Politischen Bildung kommt hier eine wichtige Rolle zu. Sie muss immer wieder versuchen, ihr Instrumentarium auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen anzupassen. Mit der Diskussion neuer, niedrigschwelliger Beteiligungsangebote nimmt der Jahreskongress die aktuellen Debatten auf und setzt damit ein wichtiges Signal für die Stärkung der Demokratie.“

„Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und lebt vom Interesse und der Mitwirkung ihrer Bürgerinnen und Bürger“, so Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, das Anliegen des diesjährigen Jahreskongresses: „Deshalb lohnt es sich, über neue Ansätze der Beteiligung zu diskutieren und zu fragen, welchen Beitrag politische Bildungsarbeit hier leisten kann.“

Professor Hubertus Buchstein von der Universität Greifswald führte in die Thematik ein und warnte vor zu großen Erwartungshaltungen: Verfassungsrechtlich gäbe es hohe Hürden auf der Bundes- und Landesebene, da beispielsweise Fragen der Grundmandatsklausel aktuell nicht über Bürgerräte beantwortet werden können. Jedoch bietet sich die Kommunalpolitik als Experimentierfeld an. Denn hier können sich kommunalpolitische Parlamente selbst verpflichten, den späteren Vorschlägen von Bürgerräten zu folgen.

Uta Rüchel vom Projekt Bürgerräte der Initiative Zukunftshandeln MV zeigte in ihrem anschließenden Vortrag eine Vielzahl an erfolgreichen Bürgerratsprojekten und betonte: „Damit ein Bürgerrat erfolgreich sein kann und das demokratische Gefühl positiv beeinflusst, muss der anschließende Umgang mit den Ergebnissen transparent sein“. Die Frage der Verbindlichkeit der Ergebnisse muss dabei gesellschaftlich und politisch geklärt werden“. Beispiele aus anderen Bundesländern und Nationen zeigt, dass Vorbehalte gegen populistische Einflussnahme während des Prozesses der Bürgerbeteiligung unbegründet sind.

Der Jahreskongress wird seit 2008 von der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern in Kooperation mit dem Landesverband der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung e.V. (DVPB) jährlich zu wechselnden Themen organisiert. Hiermit sollen Arbeitsschwerpunkte gesetzt und eine kontinuierliche Diskussion über Inhalte und Qualität der politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht werden.