Wird in der Pandemie aktuell eine (neue) Attraktivität des Landlebens beschworen, so klangen die Töne vor Kurzem noch ganz anders (wenngleich ähnlich dramatisch). Nicht selten war dem Dorf – oder zumindest einzelnen Dörfern – ein nahendes Ende prophezeit worden. Dies geschah oft aus der Außenperspektive und unter der Annahme vermeintlich unabänderlichen Bevölkerungsrückgangs, gern auch unter Verweis auf die Kosten der Aufrechterhaltung öffentlicher Infrastrukturen. Die sozialwissenschaftliche Forschung hat zu diesem Abgesang weitgehend geschwiegen – obwohl es zum Grundverständnis von Wissenschaft gehören sollte, die vermeintliche Unabänderlichkeit und Linearität von Entwicklungen kritisch zu hinterfragen und Überraschungen zuzulassen. In ihrem Beitrag berichtet die Referentin aus abgeschlossenen und laufenden Forschungsprojekten in Dörfern in unterschiedlichen Regionen Deutschlands. Sie plädiert für mehr Gelassenheit in der Deutung räumlicher Entwicklungen, für mehr Neugier auf das tatsächliche Geschehen vor Ort und einen Perspektivwechsel. Denn nimmt man Bleiben statt Abwandern, Gestalten statt Erdulden, Umbauen statt Schließen in den Blick, dann ändert sich so manche Interpretation ländlichen Wandels.